Zauberhafte Rauhnächte

Schloss Lichtenstein
Das württembergische Märchenschloss Lichtenstein bei Reutlingen

Seit alters her gelten die Tage zwischen Weihnachten und den Heiligen drei Königen als eine besondere Zeit. Eine Zeit wie herausgefallen aus dem Alltäglichen, mystisch und geheimnisvoll, eine Schwellenzeit. Die zwölf heiligen Tage zwischen den Jahren werden auch die Rauhnächte genannt. Eine Zeit der Einkehr und der Stille, aber auch eine Vorbereitung auf das neue Jahr.

Die Menschen meinten früher, dass Geister, die Perchten, draußen ihr Unwesen trieben. Deshalb saßen sie hinterm warmen Ofen, ruhten sich von den Mühen des vergangenen Jahres aus und lauschten den Märchen und Geschichten der Alten. Gott Wotan soll mit seiner Wilden Jagd unterwegs gewesen sein, über die Felder gefegt und so auch wieder fruchtbaren Boden für das neue Jahr bereitet haben. Vorsichtshalber wurden nach Einbruch der Dunkelheit geweihte Kerzen aufgestellt, um die Wildgewordenen von den Gehöften fernzuhalten. Nach Einbruch der Dunkelheit sollte man möglichst nicht mehr aus dem Haus gehen.

In manchen Regionen werden jedoch heute noch die Maskierten, die diese Geister vertreiben, Perchten genannt. So ist es im Alpenraum Brauch, dass am 6. Januar zum Ende der Rauhnächte junge Männer unter gruselig aussehende Larven (Masken) und zottelige Fellkleidung schlüpfen und durch die Dörfer toben. Überflüssig zu sagen, dass diese alten Bräuche gut zum Pandemiegrusel der Jetztzeit passen.

Auch die Frau Holle aus dem Märchen hat mit den Rauhnächten zu tun und ist eine wahrlich schillernde Gestalt, die Gutes und Böses in sich vereint. Frau Holle wird in der Sagenwelt des Alpenraums auch als Perchta bezeichnet. Sie bestraft Faulheit und Verstöße gegen das Festspeisegebot. Die Bestrafung kann von einfachen Albträumen bis hin zum Aufschlitzen des Bauches reichen.  Auch kann Perchtas Atem töten oder blenden.

Umgekehrt belohnt sie Fleiß und Hilfsbereitschaft. Neben vollen Spulen, goldenen Fäden und Flachsbündeln für Spinnerinnen verschenkt sie auch Münzen, die Mägde in Eimern (vorwiegend am Brunnen) finden. Sie soll aber auch für das Wachstum des Getreides zuständig sein. Brunnen oder Teiche sind auch die Orte, an denen Perchta die noch nicht geborenen Seelen hütet. In diesem Sinne gilt sie auch als Führerin der Schar der ungeborenen und der ungetauft verstorbenen Kinder.

Perchta tritt vor allem in den Rauhnächten auf. Ihr Tag ist vornehmlich der 6. Januar, der Dreikönigstag. Perchta soll in dieser Zeit durch die Lüfte fahren: Ihre Alias Frau Holle schüttelt die Betten…..

Julmond, der Vollmond im Dezember

Auch der letzte Vollmond im Dezember, Julmond genannt, verfügt über besondere Kräfte. Er soll die Menschen in den Rauhnächten auf sich selbst und das neue Jahr einstimmen. Altes und Unangenehmes wird losgelassen, das Neue, Bessere ist noch nicht greifbar, aber im Keim schon vorhanden. Der Julmond wurde deshalb auch Heilmond genannt.

Eine Märchenzeit, eine Art Mondzeit, eine Tor zur Anderswelt sind die Rauhnächte. Besonders auf die Träume soll man in den zwölf Nächten achten. Jede Nacht steht dabei für einen Monat des neuen Jahres. Alternativ können zwölf Wünsche für das neue Jahr auf Zettel geschrieben werden. Dann werden sie verbrannt, als Zeichen des Loslassens.

In den Rauhnächten ruhte früher jede Arbeit. Es ist eine Zeit des Lauschens, in der die Verbindung zur eigenen Seele und zur Natur in den Vordergrund rückt. Ein alter Volksglaube sagt auch, dass in den heiligen Nächten die Tiere sprechen. Lauschen wir, was der Schneevogel zu sagen hat. Vielleicht singt er auf weiter Flur ein neues Lied, um die Perchten zu vertreiben?

Schneevogel auf der Schwäbischen Alb

Fotos: Erwin Wörner

Quellen:
Internet: http://www.wikipedia.org
Buch: Vom Zauber der Rauhnächte, Vera Griesbert-Schröder und Franziska Muti, Irisiana Verlag
TV: Über Perchtenbräuche: „Rauhnächte – wilde Jagd und stille Zeit“ – Doku-Fiktion auf 3sat.de

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